Ein liebevoller Abschied,
geschrieben vom ehemaligen Besitzer
der Villa Fluggi, T. B.

Vor Kurzem hatte ich eine Abschiedsparty für eine Gruppe lieber Freunde und es war nicht ganz leicht, mir einzugestehen, dass ich sie für eine ganze Weile – wenn nicht sogar für immer – nicht mehr sehen würde.

Im Grunde genommen war der Abschied weder besonders emotional noch kompliziert. Wir öffneten ein paar Flaschen Rotwein aus Österreich und Südtirol, kochten Gulasch und Spätzle und erzählten uns Geschichten über unsere ersten Begegnungen. Die wahrscheinlich dramatischste Geschichte, vom Sprecher der Gruppe erzählt, war, als viele von ihnen nach einem Erdbeben den Menschen in einem Dorf in Umbrien halfen, indem sie Familien mit gemütlichen Schlafmöglichkeiten versorgten. Ursprünglich sollte die Gruppe nach London reisen aber die humanitäre Mission verzögerte ihre Ankunft um Wochen, da sie in einer Notunterkunft dienten.

Ein paar Gläser später erzählte ein anderer eine erschütternde Geschichte über ihre Zeit im Libanon: wie sie in Containern im Hafen von Beirut lebten, ihre turbulente Seereise nach Genua und die Wanderung kreuz und quer in ihre neue Heimat am Fuße der Alpen. Ein Neuling der Gruppe warf eine Geschichte über seinen Langstreckenflug von Melbourne ein und wie er ziemlich ramponiert in Italien ankam, sein Fischgrät-Wollmantel in Fetzen durch die unliebsame Handhabung des Flughafenpersonals.

Auch wenn ich mir keine ernsthaften Sorgen mache, dass sie irgendwann gestrafft, gebotoxt oder geliftet wieder auftauchen (sie haben alle sehr gute Gene und werden dementsprechend gut altern) so weiß ich doch, dass ich ihre Gesellschaft und unsere gemeinsame Geschichte vermissen werde. Ich denke bereits an ihr neues Leben, wie sie Weihnachten im Kreis neuer Bekannter verbringen, die ihrem Charme und guten Aussehen verfallen werden.

Alle waren sich einig, dass es Mitte der 90er ein berauschender Höhepunkt war, Christy Turlington eingerollt in einer Ecke beim Kamin zu sehen.

Während ich mich in diesen Erinnerungen verlor, schauten mir meine Freunde zu, wie ich Fotos, Schmuck, Trophäen und kleine Berge von Büchern und Zeitschriften einpackte. Sie hätten vielleicht gerne beruhigende Worte oder lustige, kleine Anekdoten eingeworfen, um mir meinen Abschied zu erleichtern, aber sie sagten kein Wort. Nicht zuletzt, da sie nicht sprechen können. Stattdessen saßen sie alle nur da und sahen elegant und gelassen, entspannt und strahlend aus – bereit für die nächste Soirée.

Ein paar Stunden später verabschiedete ich mich von Ihnen allen: den beiden Florence Knoll-Sofas mit passenden Ottomanen und Loden-Sesseln, dem Lobmeyr-Kristallluster und den Eisblocklampen, die aus einer Schweizer Metzgerei gerettet wurden, den Hans-Wegner-Sesseln, die bei einer Bukowskis-Auktion gekauft worden waren. Sie alle waren Teil eines Lebens das in London, Schweden, Beirut und Norditalien gelebt worden war. Wir beschlossen, dass sie den Rest ihrer Jahre in einer hübschen Villa in Meran verbringen sollten, in angenehmem Klima mit warmem Sonnenschein, damit sie weiterhin so gut aussehen.

Mit fortschreitendem Abend erinnerten wir uns an all die Cocktail-Parties die wir gemeinsam genossen hatten; die richtig späten Film-Nächte; die Wohnzimmer-Discos; und all die glitzernden Menschen die Teil unseres inneren Zirkels waren. Alle waren sich einig, dass es Mitte der 90er ein berauschender Höhepunkt war, Christy Turlington eingerollt in einer Ecke beim Kamin zu sehen.

Am Sonntagmorgen erwachten wir und fühlten uns überraschend frisch, trotz all der Flaschen des Vorabends, die feinsäuberlich in der Küche aufgereiht standen. Wir genossen ein einfaches Frühstück, ein paar Tassen Kaffee und packten fertig. Dabei wurde ich ziemlich abgelenkt als ich auf Boxen gefüllt mit feinsten 35mm-Schnappschüssen stieß. Dort waren ganze Wochenenden in satten Farben festgehalten: weite Himmel über Schweden mit meiner Kollegin Fiona aus Tokio, die auf dem Rücksitz meines alten Zodiacs sitzt oder Mats, der auf der Terrasse des Inselhauses auf dem Stockholmer Archipel für allerlei Freunde grillt. Weitere Schnappschüsse führten mich zu Pisten im Engadin, Ryokans in Kyushu, Familienwochenenden in Ottawa und vielem mehr.

Wir beschlossen, dass sie den Rest ihrer Jahre in einer hübschen Villa in Meran verbringen sollten, in angenehmem Klima mit warmem Sonnenschein, damit sie weiterhin so gut aussehen.